Der FAUN Eilfrachter Bericht |
Micha_84
Dabei seit: 24.10.2020
Name: Michael Herkunft: Franken
Alter: 40
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Der FAUN Eilfrachter Bericht |
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Jetzt also doch noch… der Eilfrachter Faden. Zunächst einmal ein kurzer historischer Abriss… was für ein Fahrzeug ist das eigentlich, was sind die Besonderheiten.
Als ich mich zum ersten Mal tiefergehend mit den FAUN-Werken beschäftigt hatte, schien es ein nahezu unerschöpfliches Bauprogramm gegeben zu haben. Fast in jedem Bereich des Fahrzeugbaus gab es einen Beitrag des umtriebigen fränkischen Unternehmens. Neben den doch eher bekannten Panzertransportern und anderen Bundeswehrfahrzeugen tauchten die Zugmaschinen mit ihren unzähligen Variationen auf, doch es gab noch mehr: Hüttenwerksfahrzeuge, Kehrmaschinen, Bagger, Radlader, Krane, Flugzeugschlepper, Muldenkipper, Knicklenker, Müllfahrzeuge, Exoten wie gepanzerte Geldtransporter, Straßenfräsen, Brückeninspektionsfahrzeuge… dann nicht zuletzt die schweren LKW. Von den Vorkriegsfahrzeugen bis zu den letzten Serienfahrzeugen Mitte der 60er Jahre.
Die 1965 vorgestellten, schweren Frontlenker mit der kubischen Kabine und dem kippbaren Fahrerhaus haben ordentlich Eindruck bei mir hinterlassen. Modern und zeitlos im Design, sowie mit innovativen Lösungen wie einem halbautomatischen Vorwählgetriebe (FAUN SYMO-Schaltung), beleuchteten Trittstufen und einem (fast) ebenen Kabinenboden. Selbst die Kippkabine war 1965 noch nicht bei allen großen Herstellern der Stand der Technik. Auch die Art der Fertigung war durchaus besonders, das Fahrerhaus entstand in „Mischbauweise“ mit GFK-Teilen, die auf einen Stahlrohrrahmen laminiert wurden. Mögliche positive Effekte, wie besserer Schutz gegen Rostanfälligkeit führten jedoch nicht zu dieser Lösung, im Gegenteil. Die besondere Bauweise ist -soweit bekannt - einer der Faktoren, warum die schweren Fernlaster aus Lauf vermutlich mittlerweile vollständig „ausgestorben“ sind. Bei FAUN hatte man zuvor klassische Wege des Karosseriebaus angewandt, Blechteile wurden handwerklich über hölzernen Mustern zurechtgeformt. Der Einsatz von Pressformen für Karosserieteile war vermutlich schlichtweg zu teuer im Vergleich zu den erwarteten Stückzahlen. Um die benötigten Fahrerhausteile dennoch einfacher, schneller und besser reproduzierbar fertigen zu können, wandte sich FAUN dem Einsatz von glasfaserverstärkten Kunststoffen zu, ein Weg den im Verlauf etliche Kleinserienhersteller wählten und der auch heute noch beim Bau von Nutzfahrzeugen für Verkleidungsteile (u.a. Hauben) seinen Stellenwert hat. Die Rostvorsorge des Fahrerhausrahmens scheint jedoch nicht optimal erfolgt zu sein. Berichte über die „Nicht-Restaurierbarkeit“ von FAUN-Kunststoff-Fahrerhäusern, aufgrund der einlaminierten Metallteile, habe ich in den letzten 10 Jahren wiederholt gehört. Gerüchteweise ist ein dreiachsiges Frontlenkerfahrzeug bei einem Sammler erhalten geblieben, eine Aufarbeitung scheitere bisher jedoch daran, dass die stützende Innenstruktur der Kabine durch den Rost massiv geschädigt und nicht zugänglich sei – so jedenfalls lautet die Erzählung, die ich jetzt auf mindestens zwei Wegen zu hören bekommen habe. Die zur gleichen Zeit gebauten schweren Haubenzugmaschinen mit gleichen Fahrerhauskomponenten scheinen haltbarer gewesen zu sein, bei Restaurierungsarbeiten gemachte Bilder zeigen an der Außenhaut großflächig Metall. Auch ähnlich aufgebaute Kran-Unterwagenkabinen scheinen von dieser Problematik weitgehend ausgenommen zu sein.
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__________________ Grüße Michael
Dieser Beitrag wurde 2 mal editiert, zum letzten Mal von Micha_84: 05.10.2024 17:35.
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05.10.2024 17:20 |
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Micha_84
Dabei seit: 24.10.2020
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Themenstarter
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Soweit der Exkurs zum Einsatz von GFK bei FAUN-Fahrerhäusern. Was hat das jetzt mit dem Eilfrachter zu tun, bzw. Eilfrachter, sind das nicht diese rundlichen kleinen Laster?
FAUN hatte 1955 die Ostern Fahrzeugwerke in Sulzbach-Rosenberg (Oberpfalz) übernommen und die dort gefertigten Klein-LKW (Ostner-Rex) ins eigene Bauprogramm übernommen. 1957 wurde auf der IAA in Frankfurt die daraus erfolgte Weiterentwicklung zum „FAUN-Eilfrachter“ (Typ F24) vorgestellt. Die rundlichen Frontlenker mit dem unter der ersten Sitzreihe eingebauten Motor waren als Kastenwagen, Sattelzugmaschine und Pritschenwagen erhältlich. Neben einem Einfach-Fahrerhaus waren auch Doppel- und sogar Dreifachkabiner lieferbar. Der Nutzlastbereich betrug initial 1,75-2t, später bis zu 3,5t. Aufgrund der Motoranordnung war ein freier Durchstieg ohne Motortunnel möglich, zudem verfügten die Eilfrachter über ein synchronisiertes 4-Gang-Getriebe mit Lenkradschaltung (!). Dennoch blieb die Verbreitung und damit der Verkaufserfolg eher bescheiden. Dies lag einerseits vermutlich an der nicht durchgehend überzeugenden Motorisierung, sowie dem eher lückenhaften Händler- und Servicenetz, das einer weiteren Verbreitung dieser Fahrzeuge eher abträglich war. Mit etwas über 250 Stück fand der Eilfrachter als LF8 mit Magirus Löschaufbau jedoch bei diversen Feuerwehren in Deutschland eine gewisse Verbreitung. Auch aktuell werden auf den einschlägigen Portalen einige dieser Fahrzeuge angeboten. Durch den Einsatz bei der Feuerwehr idealerweise „garagengepflegt“ und mit wenig Laufleistung haben noch etliche dieser kleinen FAUN mehr oder weniger verbastelt bis heute überlebt.
Zwei Jahre nach den Fernverkehrsfahrzeugen hielt man bei FAUN die Zeit gekommen, dem nun doch optisch auch etwas angejahrten Eilfrachter eine neue Form im Stil der Zeit zu geben. Im Design finden sich -besonders an der Fahrzeugfront- viele Anleihen bei der großen Baureihe, sodass eine Familienähnlichkeit hergestellt wurde, andere Details wie die Türform und die Panorama-Fenster an der Kabinenrückwand sind jedoch eigenständig. Zur Einführung 1967 entstand ein mehrseitiges Prospekt, das die Vorzüge der neuen Generation ausführlich vorstellt. Motorseitig konnte zwischen zwei Vierzylinder-Motoren gewählt werden, einem luftgekühlten Deutz, sowie einem wassergekühlten MWM-Motor. Die Leistung lag bei 75 PS beim Deutz, sowie 80 PS beim MWM-Motor. Das synchronisierte Getriebe mit Lenkradschaltung war beibehalten worden, ebenso der Einbauort des Motors unter der Fahrersitzbank. Kippbar war die Kabine nicht. Neben dem Fahrerhaus in „Normalausführung“ waren erneut Doppel- und Dreifachfahrerkabinen angeboten worden, letztere Version ist -im Gegensatz zum Vorgängermodell- fotografisch nicht belegt, vielleicht wurde sie nie gebaut. Ein Kastenwagen wurde nicht mehr angeboten, neben fester und kippbarer Pritsche mit verschiedenen Radständen wurden Kofferaufbauten offeriert.
Diesmal in der Werbung besonders erwähnt wurde die „komplett aus glasfaserverstärktem Polyester“ hergestellte Kabine. Neben dem geringen Gewicht und der günstigen Schallabsorption wurde mit langer Lebensdauer („nicht rostend“, leicht zu reparieren“) geworben. Bilder dieser Fahrzeuge sind jedoch selten. Dies liegt daran, dass der letzten zivilen LKW-Entwicklung bei FAUN eine nur kurze Bauzeit beschieden war. Nur zwei Jahre nach der Markteinführung hatte man bei FAUN 1969, in einem sich massiv veränderndem Markt, die Reißleine gezogen und die Einstellung des Serienbaus konventioneller LKW beschlossen. Künftig wollte man sich komplett auf den Bau von Spezialfahrzeugen konzentrieren. Im Zeitraum von 1965-1975 waren weitaus größere LKW-Hersteller wie Büssing, Hanomag, Henschel und Krupp komplett vom Markt verschwunden.
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__________________ Grüße Michael
Dieser Beitrag wurde 3 mal editiert, zum letzten Mal von Micha_84: 05.10.2024 17:42.
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05.10.2024 17:22 |
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Micha_84
Dabei seit: 24.10.2020
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Themenstarter
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Auf dem Weg zu „meinem“ Eilfrachter
Erstmalig Kontakt zum kubischen Eilfrachter mit dem GFK-Fahrerhaus hatte ich anhand von Bildern einer Verkaufsanzeige. Das unförmig wirkende Fahrzeug war eine kleine, weiß lackierte Sattelzugmaschine mit Doppelkabine, die einen einachsigen Auflieger zum Transport eines Motorbootes zog. Die Anzeige war zu diesem Zeitpunkt schon nicht mehr aktuell, nur noch archiviert verfügbar und zeigte einige Außenansichten, sowie einen Blick aufs Armaturenbrett. Ich hatte das Fahrzeug als „Kuriosum“ zur Kenntnis genommen und die Bilder in meiner Sammlung abgelegt. Zu diesem Zeitpunkt hätte ich den Kauf eines solchen LKW sowieso noch nicht ernsthaft vorstellen können.
Dann passierte lange nichts mehr in Sachen Eilfrachter, bis ich hier auf den Seiten im Rahmen eines Fahrzeugtreffens Bilder eines weiteren Fahrzeugs sah. Wieder eine Doppelkabine, einheitlich in grüner Farbgebung, diesmal aber stimmiger aussehend, mit Holzpritsche hinter dem Fahrerhaus. Damit gab es also schonmal 2 dieser „seltenen Vögel“.
Dann, wieder in einem Forenthema hier, war der weiße Eilfrachter wieder aufgetaucht, als Exponat in einem Fahrzeugmuseum, jedoch nicht mehr ganz so ansehnlich und draußen abgestellt.
Im Herbst 2022 kam dann unverhofft die Gelegenheit, dieses besondere Fahrzeug erwerben zu können. Da er nicht weit von meinem damaligen Wohnort stand, konnte ich rasch auf die Verkaufsanzeige reagieren.
Das Fahrzeug konnte ausführlich begutachtet werden. Im Hinterkopf waren natürlich auch wieder die Geschichten über die weggerosteten Blechteile zwischen den GFK-Lagen und die damit einhergehenden Unwägbarkeiten hinsichtlich einer anstehenden Instandsetzung. Abgesehen von abblätterndem Lack und Moosbefall war jedoch ein ganz anderer „Pferdefuß“ bei der Sache gleich deutlich erkennbar. Die gewölbte Frontscheibe hatte einen quer verlaufenden, sich verzweigenden Riss, beinahe über die komplette Scheibenbreite. Diese Scheibe musste ersetzt werden, gleichzeitig war auch klar, dass dies nicht einfach werden würde. Zumal die Einzel-/Nachfertigung einer gewölbten Frontscheibe nicht nur teuer ist, sondern auch nicht bei jedem Glasbetrieb angeboten wird. Die Möglichkeit irgendwo eine „Originalscheibe“ herzubekommen wurde meinerseits gar nicht ernsthaft in Erwägung gezogen, zu unwahrscheinlich erschien dieser Fall (hat sich bis heute so bestätigt).
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__________________ Grüße Michael
Dieser Beitrag wurde 1 mal editiert, zum letzten Mal von Micha_84: 05.10.2024 17:29.
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05.10.2024 17:24 |
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Micha_84
Dabei seit: 24.10.2020
Name: Michael Herkunft: Franken
Alter: 40
Themenstarter
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Da der F284 D 350 in gewisser Weise den Endpunkt der konventionellen Fahrzeugentwicklung bei FAUN darstellt, macht dies ihn neben seiner stückzahlbedingten Seltenheit zu etwas Besonderem, daher wollte ich das Fahrzeug in jedem Fall erwerben und erhalten. Eine Möglichkeit zur wettergeschützten Unterbringung an einem trockenen Ort war schonmal organisiert. Während des Verladens zum Transport konnte auch eine erste Bestandsaufnahme erfolgen.
Fremdgestartet sprang der kleine Eilfrachter trotz langer Standzeit ohne größere Probleme an. Alle Gänge ließen sich schalten, auch die Bremsanlage entfaltete eine gewisse Tätigkeit. Fahrzeugunterlagen waren leider nicht mehr verfügbar. Über die Vorbesitzer war zu erfahren, dass das Fahrzeug 1970 gebaut und ursprünglich als Bautrupp-Fahrzeug bei einer Autobahnmeisterei gelaufen sei. Später sei ein Umbau zum Bootstransporter erfolgt. Das Fahrzeug war noch nach 1997 aktiv, wie ein Maut-Aufkleber aus Österreich an der Frontscheibe verrät. Wann genau die Scheibe kaputt ging, ließ sich nicht mehr klären, jedenfalls zeigten schon die alten Verkaufsanzeigen bei genauem Hinsehen diesen Schaden.
Aus logistischen Gründen schied ein Kauf des Bootsaufliegers aus. Mit dem Wissen, dass der kleine FAUN auch erst nachträglich zur Sattelzugmaschine umgebaut worden war, viel diese Entscheidung noch ein Stück leichter.
Im Innenraum erschien er recht komplett, lediglich der Fahrersitz war nicht original, ein Vorbesitzer hat sich ein anderes Sitzmöbel mit integrierter Kopfstütze eingebaut. Beim Umbau zum Bootstransporter war die originale, mechanische Handbremse entfernt worden. Stattdessen war für den Hängerbetrieb eine Druckluftanlage eingerüstet worden, ein Federspeicher spannt jetzt die Seile der Feststellbremse, während ein weiterer Druckluftzylinder den Hauptbremszylinder der weiterhin hydraulischen Radbremsen am Zugfahrzeug betätigt. Auch der Fahrzeugrahmen wurde hinter der Achse beim Umbau zur Sattelzugmaschine gekürzt. Weder Ersatzteilliste noch Betriebsanleitung sind vorhanden.
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__________________ Grüße Michael
Dieser Beitrag wurde 2 mal editiert, zum letzten Mal von Micha_84: 05.10.2024 17:51.
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05.10.2024 17:25 |
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Micha_84
Dabei seit: 24.10.2020
Name: Michael Herkunft: Franken
Alter: 40
Themenstarter
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Zitat: |
Original von Emma En
Hallo Micha !!
Freut mich ,dass du jetzt diese " spezielle " Seite eröffnet hast !!
Anfang der 90er Jahre habe ich bei einem Treffen in Kassel auch einen dieser Faun Eilfrachter mit Doppelkabine abgelichtet .
Das Foto passt sicherlich gut zu dieser Seite !!
Beste Grüße
Hans Jürgen |
Hallo Hans-Jürgen... war ja quasi auf speziellen Wunsch hin :-)
Den grünen Eilfrachter gibts weiterhin, es ist ein F284 DL, also die luftgekühlte Version. Vor zwei Wochen hab ich da mal ausführlich drunter schauen dürfen...
__________________ Grüße Michael
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05.10.2024 18:32 |
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jüza
Dabei seit: 06.06.2015
Name: Jürgen Herkunft: Oberbayern
Alter: 60
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Servus Michael,
das freut mich das er endlich einen Liebhaber gefunden hat und nicht mehr draußen stehen muß,in den großen Hallen hätte man doch bestimmt einen Platz gefunden,ich hab ihn auch schon mal photografiert und weiß gar nicht ob ich ihn hier schon mal eingestellt habe.Dir auf jeden Fall viel Glück und Geduld beim restaurieren.
Grüße aus dem Rupertiwinkel,
Jürgen
__________________
Er braucht keinen Weg,er braucht nur eine Richtung.
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05.10.2024 18:42 |
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Emma En
Dabei seit: 04.10.2010
Name: Hans-Jürgen Herkunft: Niedersachsen
Alter: 54
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Zitat: |
Original von Micha_84
Zitat: |
Original von Emma En
Hallo Micha !!
Freut mich ,dass du jetzt diese " spezielle " Seite eröffnet hast !!
Anfang der 90er Jahre habe ich bei einem Treffen in Kassel auch einen dieser Faun Eilfrachter mit Doppelkabine abgelichtet .
Das Foto passt sicherlich gut zu dieser Seite !!
Beste Grüße
Hans Jürgen |
Hallo Hans-Jürgen... war ja quasi auf speziellen Wunsch hin :-)
Den grünen Eilfrachter gibts weiterhin, es ist ein F284 DL, also die luftgekühlte Version. Vor zwei Wochen hab ich da mal ausführlich drunter schauen dürfen... |
Danke für die Info betüglich des kleinen grünen Eilfrachters.
Ehrlich gesagt habe ich nicht damit gerechnet , dass es ihn immer noch gibt !!
Bis dann
Hans Jürgen
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05.10.2024 18:44 |
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